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XV.
Eifersucht der zwey schönsten Götter über Vulkans Glück im Heurathen.

Merkur und Apollo.

Merkur. Aber daß dieser Vulkan, der doch nur ein Krüppel und ein Grobschmidt seines Handwerks ist, die schönsten unserer Göttinnen, die Venus und die Charis, zu Weibern haben soll1) - ist es nicht unausstehlich?

Apollo. Er ist nun einmal im Heurathen glücklich, Merkur. Indessen wundert es auch mich, wie sie es ertragen können, mit einem Manne zu leben, der immer von Schweiße trieft und von dem beständigen Herabbücken auf seine Esse mit Ruß im Gesicht überzogen ist; und so einen Mann umarmen sie, küssen sie, und liegen bey ihm!

Merkur. Das ist es eben was mich verdrießt, und warum ich den Vulkan beneide. Er läßt uns auf unsere Vorzüge so stolz seyn als wir wollen, dich auf dein lockichtes Haar, auf deine Schönheit und auf deine Zither, mich auf meine fechtermäßige Figur und auf meine Leyer: wenn's schlafengehens Zeit ist, müssen wir eben doch allein liegen!

Apollo. Ich spiele überhaupt in Liebessachen immer unglücklich. Mit den beyden einzigen, die ich vor allen und recht inbrünstig liebte, hätte mirs nicht schlimmer gehen können. Der Daphne war ich so zuwider, daß sie lieber zum Baume als mein werden wollte; der arme Hyacinth verlohr sein Leben durch einen Diskuswurf; und an ihrer statt habe ich nun Lorber- und Blumen-Kränze.

Merkur. Ich hatte doch einmal - ohne mich zu rühmen - die Venus -

Apollo. Wir wissen was davon; es hieß ja so gar, sie habe den schönen Hermaphroditus2) von dir. Aber, wenn du es weißt, so sage mir doch wie es kommt, daß Venus und Charis nicht eifersüchtig über einander sind?

Merkur. Ich weiß keine andre Ursache als weil die letztere zu Lemnos mit ihm lebt, Venus hingegen nur im Himmel3): überdem ist diese auch zu stark mit ihrem geliebten Mars beschäftigt, um sich um den Schmidt viel zu bekümmern.

Apollo. Glaubst du, daß Vulkan etwas von dieser Intrigue wisse?

Merkur. Ja wohl; aber was will er machen? mit einem so rüstigen Jüngling, und der noch obendrein Soldat ist, anzubinden, wäre nicht rathsam. Er stellt sich also ganz ruhig; aber er arbeitet in aller Stille an einem gar künstlichen Netze, worin er sie nächstens einmal, wenn sie beysammen sind und - am wenigsten an ihn denken, zu fangen hofft4).


  1. Homer (Ilias XVIII. 382.) und Hesiodus (geneal. Deor. 945.) geben dem Vulcan eine Charis oder Grazie zur Gemahlin, und Hesiodus nennt sie die jüngste der Grazien, Aglaja. Die unendliche Verwirrung die aus der ganzen Griechischen Theologie ein wahres Chaos macht, herrscht auch in dem Artikel von den Grazien, über deren Stand und Wesen, Genealogie, Nahmen und Anzahl, fast überall eine andere Tradition angenommen war. Soviel ist indeß gewiß, daß die Charis des Vulcans mit den Grazien der Venus, deren in den spätern Zeiten gewöhnlich drey angenommen wurden, nicht zu verwechseln ist. Zurück
     
  2. S. Ovids Verwandlungen. IV. Fab. 11. Zurück
     
  3. Woher Lukian diese Anekdote hat, weiß ich nicht: wenigstens nicht aus dem Homer, der die Charis so gut als Aphroditen oder Venus im Himmel wohnen läßt. Sie ist indessen wahrscheinlich; und am Ende muß ja Merkur diese Dinge am besten wissen. Zurück
     
  4. Diese Eröfnung, welche Merkur dem Apollo im Vertrauen thut, macht die Vorbereitung zum XVII. Dialog. Zurück

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Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.

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