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Juno. Dieser Ixion1), dem du einen so freyen Zutritt bey uns verstattest, Jupiter, was meynst du wohl, was er für ein Mann ist?
Jupiter. Ein sehr hübscher Mann, liebe Juno, und ein angenehmer Tischgesellschafter. Würde ich ihn wohl zu meiner Tafel ziehen wenn er dessen unwürdig wäre?
Juno. Er ist aber dessen unwürdig und kann nicht länger bey uns geduldet werden.
Jupiter. Was hat er denn ungebührliches gethan?
Juno. Was er gethan hat? Es ist so arg, daß ich es vor Scham nicht sagen kann.
Jupiter. Um so weniger darfst du mirs verschweigen, wenn er was so schändliches begangen hat. Hat er einer unsrer Göttinnen etwas zugemuthet? Denn ich merke aus deinem Zögern, daß es so was dergleichen seyn wird.
Juno. Mir selbst und keiner andern, Jupiter, und dieß schon eine geraume Zeit her. Anfangs konnte ich lange nicht begreifen, warum er mich immer so starr und unverwandt ansah; mit unter seufzte er auch und hatte die Augen voll Wasser. Wenn ich dem Ganymed den Becher einzuschenken gab, bat er ihn heimlich, ihm aus demselben Becher zu trinken zu geben, und wenn er ihn bekam, küßte er ihn und drückte ihn an die Augen, und blinzelte dabey immer nach mir. Nun fieng ich an zu merken, daß er mir seine Liebe dadurch zu verstehen geben wolle: aber die Scham hielt mich immer zurück, dir etwas davon zu sagen, und ich hoffte auch, der Mensch würde von seinem Unsinn endlich ablassen. Aber da er sich nun gar unterstanden hat mir mündliche Liebeserklärungen zu thun, hab ich ihn auf dem Boden, wo er weinend vor mir hinfiel, liegen lassen, mir die Ohren zugehalten, um die beleidigenden Bitten nicht zu hören, die er zu meinen Füßen vorbrachte, und bin hieher gekommen, es dir anzuzeigen. Siehe nun selbst, was für eine Rache du an dem Menschen nehmen willst.
Jupiter. Ey der verruchte Kerl! Was? Mich selbst anzutasten, und auf der empfindlichsten Seite! Ists möglich, daß ihn der Nektar bis auf diesen Grad trunken machen konnte? - Aber freylich sind wir selbst schuld daran, und treiben die Menschenliebe offenbar zu weit, da wir sie mit uns essen und trinken lassen. Wahrlich, es ist ihnen zu verzeihen, wenn sie bey einem Wein wie der unsrige, und über dem Anschauen himmlischer Schönheiten, dergleichen ihnen auf der Erde nie vorgekommen sind, vor Liebe den Verstand verliehren und ihrer zu genießen begehren. Denn Amor ist ein gewaltthätiger Tyrann, der nicht nur über die Menschen, sondern zuweilen über uns Götter selbst den Meister spielt.
Juno. Von dir ist er in der That unumschränkter Herr, zieht dich bey der Nase, wie man zu sagen pflegt, ohne den geringsten Widerstand wohin er will, und verwandelt dich in jede beliebige Gestalt; kurz, du bist, im eigentlichsten Verstande, Amors Eigenthum und Spielzeug. Auch weiß ich sehr gut, warum du dem Ixion jetzt so leicht verzeihen kannst. Du erinnerst dich ohne Zweifel, daß du noch in seiner Schuld bist, und daß sein vermeinter Sohn Pirithous eine Frucht deiner ehemaligen Vertraulichkeit mit seiner Gemalin2) ist.
Jupiter lachend. Erinnerst du dich der kleinen Kurzweile noch, die ich mir ehemals auf der Erde da unten machte? - Aber soll ich dir sagen, was wir mit dem Ixion machen wollen? Ihn zu strafen und von unsrer Tafel wegzujagen, wäre in der That zu hart, da der arme Kerl die Liebe im Leibe hat, und, wie du selbst sagst, so erbärmlich daran leidet, daß er die hellen Thränen weint.
Juno. Und was also? - Du wirst doch nicht fähig seyn, deiner eigenen Gemahlin einen beleidigenden Antrag zu thun?
Jupiter. Warum nicht gar! Ich will eine Wolke nehmen, und eine Art von lebendigem Bilde daraus machen, das dir so gleich sehen soll als ob du es selbst wärest; und wenn wir von Tische aufstehen, will ich, während er sich schlaflos (wie einem unglücklichen Liebhaber geziemet) auf seinem Lager herumwälzt, das Wolkengebilde neben ihn legen. Das wird ihm, ohne Nachtheil deiner Tugend, von seinen Liebesschmerzen helfen, und was kannst du mehr verlangen?
Juno. Ein schöner Einfall! So sollte er also, anstatt der Strafe, die seine übermüthige Leidenschaft verdient, noch dafür belohnt werden?
Jupiter. Laß doch! Was kann es dir denn schaden, wenn sich Ixion mit einer Wolke ergötzt?
Juno. Aber er wird doch die Wolke für mich halten, und so wird es eben so viel seyn, als ob er mich selbst entehrt hätte!
Jupiter. Das sind Spitzfündigkeiten! Die Wolke wird nie zur Juno, und du nie zur Wolke werden: bloß Ixion wird getäuscht, das ist die ganze Sache.
Juno. Gleichwohl, wie die Menschen undelicate Geschöpfe sind, ist er im Stande, wenn er wieder auf die Erde kommt, sich groß damit zu machen, und allen Leuten zu erzählen, er habe bey der Juno geschlafen und Jupiters Bette getheilt: ja er wird sogar kein Bedenken tragen, zu sagen, daß ich ihn liebe, und die Leute werden's ihm glauben, weil sie nicht wissen können, daß es nur eine Wolke gewesen ist.
Jupiter. Das wäre ein Anderes! Wenn er sich unterstünde so was zu sagen, so soll es ihm nicht ungenossen hingehen! Dann will ich ihn in den Tartarus hinunter werfen, und ihn auf ein Rad binden lassen, und der arme Teufel soll ewig auf dem Rade herumgetrieben werden, und mit dieser unaufhörlichen Quaal für seine verwegene Liebe büßen3)!
Juno. Wenigstens würde es für eine solche Pralerey nicht zu viel seyn!
Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.
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