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Wir zogen diese ganze Nacht auf einem sehr schlimmen Wege fort, und nach einer Reise von drey Tagen, langten wir zu Beroe, einer der schönsten und volkreichsten Städte in Macedonien, an, wo unsere Treiber sich und uns Thiere zu etablieren beschlossen. Sie stellten also eine Auction an, und ein Ausrufer, der mitten auf dem Markte stand, bot uns, ein Stück nach dem andern aus. Die Kauflustigen kamen herbey um uns zu besehen, öffneten uns die Mäuler und berechneten unser Alter nach unsern Zähnen. Der eine kaufte dieß, der andere jenes: kurz, die Pferde kamen alle an den Mann, nur zu mir allein wollte sich kein Liebhaber finden, und der Ausrufer befahl endlich mich wieder nach Hause zu führen. Du siehest, sagte er zu meinem Verkäufer, daß er allein keinen Herren finden kann. Aber die fast immer so seltsam herum schwindelnde und so unversehens da oder dorthin fallende Nemesis1) führte in diesem Augenblick auch mir einen Herren herbey, wie ich mir am wenigsten einen gewünscht hätte. Es war ein schon ziemlich bejahrter Sünder2), einer von denen, die mit der Syrischen Göttin in den Dörfern und Meyerhöfen herumziehen, und die Göttin betteln zu gehen zwingen. Diesem wurde ich, in der That theuer genug, nehmlich um dreissig Drachmen, verkauft, und folgte nun seufzend meinem neuen, mich vor sich her treibenden Gebieter.

Wie wir bey der Herberge des Philebus (so nannte sich mein Käufer) ankamen, rief er gleich vor der Thür mit großer Stimme: Hey da, ihr Mädchen, ich habe euch einen schönen Sclaven einen derben Cappadozier zu eurer Bedienung gekauft. - Diese Mädchen waren ein Trupp Cinäden, die sich Philebus zu seinem Gewerbe beygesellt hatte. - In der Meynung nun, daß der gekaufte Sclave ein wirklicher Mensch sey, erhoben sie allezumal ein lautes Freudengeschrey. Wie sie aber sahen, daß es nur ein Esel war, brachen sie in ein eben so lautes Gelächter aus3), und hängten dem Philebus die losesten Reden an. Ey, ey, Mütterchen, sagten sie, meynst du wir sollen nicht merken, daß du nicht einen Sclaven für uns, sondern einen Bräutigam für dich selbst gekauft hast, wo du ihn auch aufgegabelt haben magst? Viel Glücks zu einer so schönen Heurath, und möchtest du uns bald Füllen, die eines solchen Vaters würdig sind, gebähren!

Am folgenden Morgen schickten sie sich zur Arbeit, wie sie es nannten, an, putzten ihre Göttin heraus, und setzten sie auf meinen Rücken. So oft wir nun zu einem Dorfe kamen, mußte ich Träger der Göttin still halten; der Flötenspieler-Chor fieng wie begeistert an zu blasen, die Diener der Göttin aber warfen ihre Mützen von sich, drehten sich mit gesenkten Köpfen im Kreise herum, schnitten sich mit ihren Schwerdtern in die Arme, streckten die Zunge zwischen den Zähnen hervor, und durchbohrten sie ebenfalls, so daß in einem Augenblick alles vom Blute dieser Weichlinge voll war. Indem ich so stand und diesem seltsamen Schauspiel zum erstenmal zusah, war mir mächtig angst, die Göttin möchte auch Eselsblut vonnöthen haben. Nachdem sie sich nun weidlich zerschnitten hatten, giengen sie bey den umstellenden Zuschauern herum und sammelten Obolen und Drachmen ein. Andere gaben ihnen Feigen, oder einen Käse, einen Krug Wein4), eine Metze Weizen, und Gerste für ihren Esel. Dieß waren die Einkünfte wovon diese Gesellen sich nährten, und die Göttin, die ich trug, in gehörigem Stand und Wesen erhielten5).

Einsmals, da wir in eines ihrer Dörfer einfielen6), trieben sie einen großen jungen Bauerkerl auf, den sie in die Herberge wo sie ihre Niederlage hatten, hineinzulocken wußten - zu welchem Gebrauch, werden diejenigen leicht errathen, welche wissen was der gewöhnlichste und liebste Zeitvertreib dieser schändlichen Cinäden ist. Die Nothwendigkeit, worin ich war, ein Augenzeuge solcher Bübereyen zu seyn, machte mir meine Verwandlung schmerzlicher als jemals, und schien mir unerträglicher als alles was ich bisher ihrentwegen ausgestanden hatte7) ; ich wollte in meinem gerechten Unwillen ausrufen: o du elender Jupiter8)! Aber die Worte blieben mir im Halse stecken, und an ihrer statt kam nichts als ein ungeheures Eselsgeschrey heraus. Zufälliger Weise giengen eben ein paar Bauren, die einen verlohrnen Esel suchten, vorbey, und wie sie mich so gewaltig schreyen hören, kommen sie unangefragt herein, in der Meynung, es könnte wohl der ihrige seyn, und werden unvermuthet Augenzeugen der unnennbaren Dinge, die hier vorgiengen. Sie kamen bald wieder mit großem Gelächter heraus, und liefen im ganzen Dorfe herum, um das liederliche Leben der Priester bekannt zu machen. Diese schämten sich so sehr daß solche Dinge von ihnen ausgekommen waren, daß sie sich in der nächsten Nacht in aller Stille davon machten; aber wie sie weit genug von der Landstraße entfernt waren, ließen sie ihren Zorn an mir aus, daß ich ihre Mysterien verrathen hätte. So lang es bey Schimpfwörtern und Flüchen blieb, wäre das Übel noch wohl zu ertragen gewesen: aber dabey ließen sie nicht bewenden. Sie nahmen die Göttin von mir herab, und setzten sie auf die Erde, ziehen mir hierauf alle meine Decken ab, binden mich nackend an einen großen Baum, und peitschen mit der verwünschten Art von Strick-Geiseln, die vorn mit bleyernen Würfeln besteckt sind, so grausam auf mich zu, daß sie mich beynahe todt geschlagen hätten. Da, sagten sie, lerne ein andermal schweigen, wie es dem Träger unsrer Göttin geziemt! Es gieng so weit, daß sie davon sprachen, mich nach ausgestandener Geiselung gar umzubringen, so beleidigt fanden sie sich, daß ich sie in so große Schande gestürzt und zum Dorfe hinausgetrieben, ehe sie noch was darin verdient hätten. Doch von diesem Vorhaben schreckte sie ein beschämender Blick der Göttin ab, die auf der Erde lag, und die ohne mich ihre Reise nicht wohl hätte fortsetzen können. Sie packten sie mir also, ehe ich noch meine Schläge verschmerzt hatte, wieder auf, und wir setzten unsre Reise fort.


  1. Dieß ist, wie man sieht, auf gut Epikuräisch von der Nemesis, der gerechtesten und billigsten aller Götter gesprochen. Zurück
     
  2. kinaidoV im Griechischen. Zurück
     
  3. Da ich mir in diesem Stücke hie und da aus guten Gründen (wiewohl ich, der Zeit und des Papiers zu schonen, nicht immer Rechenschaft davon ablege) viele kleine Freyheiten nehmen zu müssen glaubte: so wird mir auch hingehen können, daß ich das im Text hinter drein kommende, oi men egelwn, hieher versetzt habe, wo es mir eigentlich hin zu gehören schien. Zurück
     
  4. Alle Handschriften lesen hier, oinon kai turou kadon, Wein und einen Krug Käse. Ich bemerke diesen lächerlichen Schreibfehler nur deßwegen, weil er mir augenscheinlich zu beweisen scheint, daß alle von diesem Stücke vorhandene bekannte Manuscripte Copien einer und ebenderselben Handschrift sind. Zurück
     
  5. So verstehe ich die Worte oi de ek toutwn etrejonto, kai thn ep' emoi komizomenhn Jeon eJerapeuon, welche letztere Massieu übersetzt: et ils adoroient le simulacre toujours expose sur mon dos. Jeder Leser von Geschmack muß fühlen, daß Lukian nicht geschrieben haben kann: »hievon nährten sie sich, und beteten die Göttin an, die immer auf meinem Rücken ausgestellt war.« Jerapeuein kann hier vernünftiger Weise keine andere Bedeutung haben als seine gewöhnliche, bedienen, aufwarten, besorgen, und der natürlichste Sinn dieser zwey Zeilen ist: von diesem zusammengebettelten Almosen an Geld und Victualien nährten diese Landstreicher sich selbst, erhielten ihre Göttin in standesmäßigem Ornat, und bestritten, mit Einem Worte alle Unkosten, die dieser fanatische Götzendienst und ihre herumziehende Lebensart erfoderte. Zurück
     
  6. D. i. in eines der Dörfer, welche sie zu besuchen pflegten, und wo sie sich zum Voraus eine gute Aufnahme versprechen konnten. Das Wort eisballein das unter andern eine gewaltsame Ergießung, oder einen feindlichen Überfall bedeutet, ist hier absichtlich gewählt, um die Ähnlichkeit zwischen diesen fanatischen Bettelpriestern und einem Trupp Marodeurs anzudeuten, und daß es bey jenen, wie bey diesen, darum zu thun war, das arme Volk in Contribution zu setzen. Zurück
     
  7. So glaube ich die Lücke ausfallen zu müssen, die hier in den Worten, uperalghsaV epi th emautou metabolh - o ti mecri nun anecomai kakvn zwischen metabolh und o ti deutlich genug in die Augen fällt. Zurück
     
  8. nehmlich: daß du solchen Schandthaten so gelassen zusehen kannst; oder, wenn sie dir mißfallen, nicht Macht genug hast, sie zu bestrafen. Zurück

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Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.

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