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Der Wahren Geschichte

Zweytes Buch.

Da ich von dieser Zeit an des langen Aufenthalts im Wallfisch und des Lebens, so wir darin führten, äusserst überdrüßig wurde, fieng ich an auf Mittel und Wege zu denken, wie wir wieder herauskommen könnten. Das erste, worauf wir verfielen, war, uns durch die rechte Seite des Ungeheuers durchzuhauen, und wir legten unverzüglich die Hand ans Werk. Wie wir aber gegen fünfhundert Klafter tief gearbeitet hatten, ohne zu merken daß wir dem Ende viel näher gekommen wären, ließen wir von diesem Vorhaben ab, und beschlossen den Wald anzuzünden: denn daran, (dachten wir), müßte die Bestie unfehlbar crepieren, und dann würde es uns ein leichtes seyn, einen Ausgang zu finden. Wir fiengen also bey dem Theile an, der dem Schwanz am nächsten lag, und steckten ihn in Brand. Der Wald brannte sieben Tage und eben so viel Nächte, ohne daß das Unthier die Hitze zu spüren schien: aber am achten und neunten Tage merkten wir, daß es krank zu werden anfieng: denn es öfnete den Rachen seltner als gewöhnlich, und wenn es ihn aufthat, so klappte er gleich wieder zu. Am zehnten und eilften gieng es immer näher mit ihm zu Ende, und es roch schon sehr übel. Am zwölften fiel uns endlich zu allem Glück ein, wenn wir ihm nicht, sobald es den Rachen wieder aufthäte, die Kinnbacken aus einander keilten, würden wir Gefahr laufen in seinem Körper eingeschlossen zu werden und mit ihm zu Grunde zu gehen. Wir sperrten ihm also den Rachen mit großen Balken aus einander, rüsteten hierauf unser Schiff aus, befrachteten es mit einem so großen Vorrath an Wasser und andern Nothwendigkeiten, als es nur immer fassen konnte, und Skintharus übernahm das Amt des Steuermanns.

Am zwölften Tage hörte der Wallfisch auf, ein Lebenszeichen von sich zu geben. Wir zogen also unser Fahrzeug herauf, schoben es zwischen seinen Zähnen durch, befestigten es mit Tauen daran, und ließen es so ganz sachte ins Wasser herab. Hierauf bestiegen wir den Rücken des Ungeheuers, brachten dem Neptun ein Opfer, und nachdem wir, einer Windstille wegen, drey Tage1) darauf hatten zubringen müssen, segelten wir endlich am vierten ab. Wir stießen auf eine Menge im Meere herumtreibender Leichname, von denen die in dem Seetreffen umgekommen waren; wir maßen einige davon und erstaunten über ihre entsetzliche Größe.

Wir hatten nun einige Tage das günstigste Wetter: hernach bließ aber der Wind sehr heftig aus Norden, und wir bekamen eine solche Kälte, daß die See auf einmal zugefror, und nicht etwa nur auf der Oberfläche sondern bis auf eine Tiefe von vierhundert Klaftern; so daß wir auf dem Eise wie auf festem Lande herumlaufen konnten.2) Da aber der kalte Wind anhielt und uns ganz unerträglich wurde, kam der alte Skintharus auf den Einfall, daß wir uns eine große Höle in das gefrorne Wasser graben und uns da so lange aufhalten sollten, bis sich der Wind umsetzte. Dieß wurde unverzüglich ins Werk gestellt. Wir brachten bey einem guten Feuer, das wir unterhielten, dreissig Tage in dieser Eishöle zu3), und nährten uns während dieser Zeit von den Fischen, die wir unterm Graben gefunden hatten. Da es uns aber endlich an Lebensmitteln gebrach, machten wir unser eingefrornes Schiff wieder flott, und glitschten mit vollen Segeln, als ob wir auf dem Wasser daherfuhren, sanft und unmerklich auf dem glatten Eise dahin. Am fünften Tage fällt ein Thauwetter ein, das Eis schmilzt, und alles wird wieder zu Wasser.

Wir hatten ungefähr dreyhundert Stadien zurückgelegt, als wir an eine kleine unbewohnte Insel kamen, wo wir frisches Wasser einnahmen, woran es uns bereits zu gebrechen anfieng. Ehe wir uns wieder einschifften, schoßen wir ein paar wilde Ochsen, die ihre Hörner nicht, wie andre Ochsen, vor der Stirne, sondern unter den Augen trugen, wie es Momus haben wollte. Bald darauf kamen wir in eine neue See, die nicht mehr von Wasser, sondern von Milch war. In dieser Milchsee erhob sich eine mit Weinreben bewachsene Insel, die nichts anders als ein großer Käse war, (wie wir in der Folge befanden, da wir davon aßen) der nicht weniger als fünf und zwanzig Stadien im Umkreis hatte. Die Reben hiengen voller Trauben; wie wir sie aber ausdruckten, gaben sie uns keinen Wein, sondern Milch. Mitten auf der Insel stand ein Tempel, der, laut der Inschrift, der Nereide Galatea4) gewidmet war. So lange wir uns also auf dieser Insel aufhielten, gab uns die Erde die Mahlzeit und den Nachtisch5), und die Traubenmilch war unser Trank. Dem Vernehmen nach soll die Tochter des Salmoneus Tyro6), seitdem sie die Welt verlassen, vom Neptun zur Königin dieser Insel gemacht worden seyn.

Nachdem wir uns fünf Tage hier aufgehalten, giengen wir am sechsten wieder mit einem mäßig frischen Winde unter Segel. Am achten Tage, da wir aus dem Milchmeer wieder heraus und wieder in eines von gesalznem blaugrünem Wasser gekommen waren, sahen wir eine große Menge Menschen auf dem Meere herumlaufen, die uns andern an Bildung und Größe völlig ähnlich waren, ausgenommen daß ihre Füße von Kork sind, daher sie auch (wie ich glaube) den Nahmen Korkfüßler, den sie führen, bekommen haben. Wir unsers Ortes machten große Augen, wie wir sie so ebnen Fußes und ohne alle Furcht vorm untersinken, auf den Wellen daher spazieren sahen. Sie kamen gerade auf uns zu, grüßten uns in Griechischer Sprache, und sagten uns: sie wären im Begriff, nach der Insel Phello (Korkland) wo sie zu Hause seyen, zurückzukehren. Sie liefen eine Zeitlang neben unserm Schiffe her; hernach aber wünschten sie uns eine glückliche Reise und nahmen einen andern Weg. Einige Zeit darauf erblickten wir verschiedene Inseln, unter welchen die erste linker Hand die Phello war, wohin jene eilten, eine Stadt die auf einem großen runden Korke gebaut ist. In der Ferne, mehr rechter Hand, sahen wir fünf sehr große und hohe Inseln, wo viele Feuer brannten.

Uns gerade gegen über lag eine breite und niedrige, die wenigstens noch fünfhundert Stadien von uns entfernt war. Wie wir ihr endlich nahe kamen, wehte uns eine wunderliebliche und mit Wohlgerüchen durchwürzte Luft entgegen, gleich jener, die nach Herodots Versicherung, den Reisenden aus dem glücklichen Arabien entgegen duftet. Es war uns als ob wir den Geruch der Rose und Narcisse, der Hyacinthe, Lilie und Viole, der Myrte, des Lorbers und der Weinblüthe auf einmal einschlürften. Unter dem Entzücken, worein uns dieser liebliche Geruch versetzte, und unter den frohesten Ahnungen, die Belohnung für so viel ausgestandenes Ungemach in dieser Insel zu finden, waren wir ihr nun so nahe gekommen, daß wir ringsum eine Menge sichrer und geräumiger Buchten, und verschiedene crystallhelle Flüsse unterscheiden konnten, die sich sanft in die See verlohren, und Auen und Wälder, und unzähliche Singvögel, die sich theils am Ufer, theils aus den Zweigen hören ließen. Eine weiche süßathmende Luft war über dieses schöne Land ausgegossen, wollüstige Zefyretten schienen umher zu flattern und den Hayn zu durchsäuseln, und aus den sanftbewegten Zweigen tönte ein immerwährendes melodisches Flüstern, gleich dem Getöne, das an einem einsamen Orte aufgehangene Rohrpfeiffen von sich geben.7) Mit unter hörte man auch ein lauteres Getön vermischter Stimmen, aber nicht lermend, sondern demjenigen ähnlich, das fernher von einem Gastmale kommt, wenn die einen Musik machen, und die andern den Flöten und Citherspielern, theils mit Worten theils mit Händeklatschen, ihren Beyfall bezeugen.

Von diesem allem wie bezaubert, landeten wir am Ufer an, und stiegen aus, nachdem wir unser Schiff vor Anker gelegt, und den alten Skintharus nebst zwey andern aus unserm Mittel darin zurückgelassen hatten. Wir waren noch nicht weit durch eine blumenvolle Wiese fortgegangen, als wir der Wache, die das Ufer zu hüten bestellt ist, in die Hände liefen, die uns sogleich mit Rosenketten (den stärksten Banden, die bey ihnen im Gebrauch sind) fesselte, und zu ihrem Oberbefehlshaber abführten. Unterwegs erfuhren wir von ihnen, wir befänden uns in der sogenannten Insel der Seligen, und Rhadamanthus der Kretenser sey ihr Regent.8)


  1. Im Text steht noch, neben dem Siegesdenkmal; welches ich, um das schleppende eines gar zu langen Komma's zu vermeiden, weggelassen habe. Zurück
     
  2. Die Worte wste kai apobantaV diaJeein epi tou krustallou scheinen entweder diesen Sinn zu enthalten oder gar keinen. Aber auch so bleibt es immer absurd genug, daß Lukian damit zu sagen scheint, das Eis habe 400 Klafter dick seyn müssen, um ihn und seine Reisegefährten tragen zu können. Vermuthlich hat sich Massieu (der in diesem Aufsatz den Autor öfters ohne Noth etwas ganz anders sagen läßt als er wirklich sagt) verbunden gehalten, dem Autor zu Hülfe zu kommen, und diese Stelle, um etwas mehr Sinn hineinzubringen, so zu übersetzen - notre vaisseau, qu'il nous falloit debarasser, voguoit ensuite sur la glace. Das wäre so übel nicht, nur sagt der Text kein Wort davon. Zurück
     
  3. Der griechische Scholiast ärgert sich gewaltig über die Unglaublichkeit dieser Erfindung - als ob irgend eine andere in dieser ganzen Wahren Geschichte glaublicher wäre, und Lukian es nicht ausdrücklich darauf angelegt hätte, das Wunderbare darin bis auf den höchsten Grad der Absurdität zu treiben, der (nach Schach Baham, einem großen Kenner in diesem Fache) das Sublime eines wunderbaren Mährchens ist. Übrigens, wie absurd auch dieses dreissigtägige Feuer in einer Eishöle seyn mag, sind nicht immer (selbst unter Nationen die sich für keine Strohköpfe hielten) eben so absurde Dinge geglaubt worden? Zurück
     
  4. Da diese Nereide ihren Nahmen von gala (Milch) hat, so wird sie hier zur regierenden Göttin des Milchmeeres gemacht. Zurück
     
  5. Ein Äquivalent, so gut ich es geben konnte, für das griechische oyon te hmin kai sition h gh pareice. Zurück
     
  6. Ein Wortspiel, mit dem Nahmen dieser Mythologischen Prinzessin und dem Wort turoV Käse, das seinem Platze Ehre macht. Zurück
     
  7. Wie es scheint, war es eine Gewohnheit der Hirten, die auf der siebenröhrigen Pfeife etwa einen Preis gewonnen hatten, sie dem Pan zu Ehren an einem einsamen freyen Orte der Gegend, wo sie weideten, so aufzuhängen, daß der Wind (ungefähr eben so wie er bey der Äolsharfe thut) ein melodisches Geflüster aus ihr hervorbrachte. Zurück
     
  8. S. in Pindars zweytem Olympischen Gesange das Gemählde der Insel der Seligen, worauf unser Autor angespielt zu haben scheint. Zurück

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Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.

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