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Edgar Allan Poe - Das verräterische Herz

eap(Edgar Allan Poe (* 19. Januar 1809 in Boston, Massachusetts, USA; † 7. Oktober 1849 in Baltimore, Maryland) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Er prägte entscheidend die Genres der Kriminalliteratur, der Science-Fiction und der Horrorliteratur. Seine Poesie wurde zum Fundament des Symbolismus und damit der modernen Dichtung.)

 

Es ist wahr! Nervös, schrecklich nervös war ich und bin ich noch; aber weshalb  soll ich wahnsinnig sein? Mein Übel hatte meine Sinne nur geschärft, nicht  zerstört oder abgestumpft. Vor allem war mein Gehörsinn außerordentlich empfindlich  geworden. Ich hörte alle Dinge, die im Himmel und auf der Erde vor  sich gingen, und auch vieles, was in der Hölle geschah. Wie könnte ich also  wahnsinnig sein? Hören Sie nur zu, wie vernünftig und ruhig ich lhnen die ganze  Geschichte erzählen werde. Ich kann nicht mehr genau sagen, wie mir zuerst  der Gedanke kam, doch als er einmal gekommen, quälte er mich Tag und Nacht.  Einen Zweck verfolgte ich nicht, auch trieb mich kein Haß. Ich hatte den alten  Mann lieb. Er hatte mir nie etwas Übles getan, er hatte mich nie beleidigt. Ich  trachtete auch nicht nach seinem Golde. Nur – sein eines Auge reizte mich. Ja,  sein Auge muß es gewesen sein! Es glich dem eines Geiers – war blaßblau und  von einem dünnen Häutchen bedeckt. Wenn sein Blick auf mich fiel, war es  mir stets, als gerinne das Blut in meinen Adern, und so entschloß ich mich denn  allmählich, dem alten Mann das Leben zu nehmen, um mich auf diese Weise  für immer von seinem Auge zu befreien.

Und deshalb hält man mich für wahnsinnig! Wahnsinnige wissen nicht, was  sie tun. Aber Sie sollten mich gesehen haben! Sollten gesehen haben, mit welcher  Klugheit, mit welcher Überlegung und Vorsicht, mit welcher Verstellung  ich zu Werke ging! Ich war niemals liebenswürdiger gegen den alten Mann als  während der Woche, die der Nacht voranging, in der ich ihn tötete. Jede Nacht,  um Mitternacht, drückte ich die Klinke seiner Türe nieder und öffnete sie-oh,  wie leise! Und wenn ich sie weit genug geöffnet hatte, um meinen Kopf durch  den Spalt stecken zu können, zog ich eine dunkle Laterne hervor, die ringsherum  verschlossen war, so daß kein Lichtschimmer nach außen dringen konnte,  und streckte meinen Kopf ins Zimmer. Hätte jemand gesehen, wie schlau ich  das anfing, sicher hätte er gelacht. Ich streckte ihn ganz langsam, ganz, ganz  langsam vor, damit ich den alten Mann nicht im Schlafe störte. Eine volle Stunde  nahm ich mir Zeit, um meinen Kopf so weit durch die Öffnung zu zwängen,  daß ich ihn auf seinem Bette erblicken konnte. Ha! Würde ein Wahnsinniger  so viel Geduld gehabt haben? Und dann, wenn mein Kopf glücklich im Zimmer  war, öffnete ich die Laterne so vorsichtig – oh, so vorsichtig (ihre kleinen  Angeln hätten ja knarren können!) und nur so weit, daß ein einziger Lichtstreif  auf das Geierauge fiel. Und dies tat ich sieben Nächte hindurch, jede Nacht  genau um die Mitternachtstunde. Aber ich fand das Auge immer geschlossen,  und deshalb war es mir unmöglich, die Tat zu vollbringen; denn nicht der alte  Mann ärgerte mich, sondern nur sein böses Auge. Und jeden Morgen bei Tagesanbruch  ging ich ganz unbefangen in sein Zimmer, sprach mit ihm, redete ihn  in herzlichem Tone mit seinem Namen an und fragte ihn, wie er die Nacht verbracht  habe. Er hätte also ein ganz besonders argwöhnischer alter Mann sein  müssen, wenn ihm jemals der Gedanke gekommen wäre, daß ich ihn jede Nacht  um zwölf Uhr, während er schlief, aufmerksam und mit der fürchterlichsten  Absicht betrachtete.

In der achten Nacht öffnete ich die Türe noch vorsichtiger als gewöhnlich. Der  Minutenzeiger an der Uhr bewegte sich rascher, als ich meine Hand bewegte.  Noch niemals vorher hatte ich den hohen Grad meiner Selbstbeherrschung und  meiner Klugheit so gefühlt wie damals. Ich konnte mein Triumphgefühl kaum  bändigen. Zu denken, daß ich hier allmählich die Tür öffnete und er auch im  Traume nicht die geringste Ahnung von meinem geheimen Tun und Wollen  hatte! Bei dieser Vorstellung konnte ich mich nicht enthalten, leise in mich hineinzukichern.  Vielleicht hörte er es, denn in diesem Augenblicke bewegte er  sich in seinem Bett, als fahre er plötzlich aus dem Schlafe auf. Man wird nun  vielleicht denken, ich wäre geflohen? 0 nein! Sein Zimmer war stockfinster,  denn aus Furcht vor Räubern hatte er die Läden fest geschlossen. Ich wußte  also, daß er nicht sehen konnte, daß die Tür ein wenig offen stand, und mit zäher  Beständigkeit öffnete ich sie langsam weiter ... und weiter.

Meinen Kopf hatte ich schon ins Zimmer gestreckt und wollte gerade die Laterne  öffnen, als mein Daumen von dem zinnernen Verschluß abglitt und der alte  Mann in seinem Bett aufsprang und rief: »Wer ist da?« Ich verhielt mich ganz  ruhig und sagte nichts. Eine Stunde lang zuckte ich auch nicht mit einer Wimper,  und während dieser ganzen Zeit hörte ich nicht, daß er sich wieder niederlegte.  Er saß also im Bett aufrecht und horchte, geradeso, wie ich selbst es  Nacht für Nacht getan hatte, auf das Ticken des Totenwurmes in der Wand.  Dann hörte ich ein leises Stöhnen, und ich wußte, es war das Stöhnen der Todesangst.  Es war kein Schmerzensseufzer, kein Seufzer aus Kummer – es war der  leise, erstickte Ton, der sich aus der Tiefe einer von maßlosem Entsetzen gequälten  Seele losringt. Ich kannte diesen Ton wohl. Manche Nacht, um Mitternacht,  wenn alle Welt schlief, war er aus meinem Herzen aufgestiegen, und sein  schreckenvolles Echo hatte das Grauen, das mich von Sinnen brachte, noch  erhöht. Ich sage, ich kannte ihn wohl. Was der alte Mann empfand, wußte ich  und bedauerte ihn, obwohl ich mich im Innern vor Vergnügen wand. Ich war  überzeugt, daß er seit jenem ersten leisen Geräusch, das ihn im Bette auffahren  ließ, wach lag, und sagte mir, daß seine Angst von Minute zu Minute  gewachsen, daß er vergeblich versucht, sie sich als grundlos darzustellen, daß  er sich eingeredet habe, es sei nichts – der Wind im Kamin, nur eine Maus,  die über den Boden gelaufen, oder ein Heimchen, das einmal kurz gezirpt. Ja,  sicher hatte der alte Mann versucht, sich mit solchen Vorstellungen zu trösten;  doch – es wollte ihm nicht gelingen. Es war vergebens, weil der Tod herannahte  und der schwarze Schatten, der ihm vorauseilt, schon um das Opfer war.  Und dieser schauerliche, unbemerkbare Schatten bewirkte, daß der alte Mann,  obwohl er nichts sah noch hörte, meine Gegenwart im Zimmer fühlte.  Als ich lange Zeit geduldig gewartet hatte, ohne zu hören, ob er sich wieder  niedergelegt habe, beschloß ich, die Laterne ein ganz klein wenig zu öffnen.  Ich tat es – man kann sich nicht vorstellen, wie behutsam! wie leise! -, bis endlich  ein einziger dünner Strahl, schwach wie der Faden eines Spinngewebes,  aus dem Spalt drang und auf das Geierauge fiel.

Es stand offen, weit, weit offen; und als ich es sah, stieg eine wilde Wut in mir  auf. Ich erkannte es mit vollkommener Deutlichkeit – ein trübes Blau mit einem  scheußlichen Schleier darüber, dessen Anblick das Mark in meinen Knochen  gerinnen ließ. Doch weiter sah ich nichts von dem Gesicht oder der Gestalt des  alten Mannes, denn ich hatte den Strahl unwillkürlich genau auf die eine verdammte  Stelle gerichtet.

Ich hatte ja schon angedeutet, daß das, was man fälschlich für Wahnsinn bei  mir hält, nur eine verschärfte Empfindlichkeit der Sinne ist. So vernahmen meine  Ohren jetzt ein leises, dumpfes, bewegliches Geräusch, wie es vielleicht eine  in Wolle gewickelte Uhr hervorbringen würde. Auch diesen Ton kannte ich.  Es war das Herzklopfen des alten Mannes. Und es stachelte meine Wut an, wie  der Trommelwirbel den Mut der Soldaten.

Doch auch jetzt bezwang ich mich und verhielt mich ruhig. Kaum daß ich  atmete! Die Laterne hielt ich regungslos in der Hand und versuchte, wie sicher  ich den Strahl auf das Auge des alten Mannes gerichtet halten konnte! Mittlerweile  nahm das höllische Pochen seines Herzens immer mehr zu. Es wurde  jeden Augenblick schneller und schneller, lauter und lauter. Das Entsetzen des  alten Mannes mußte den Höhepunkt erreicht haben. Es wurde lauter, sage ich,  jeden Augenblick lauter! – Wird man mich gut verstehen? Ich sagte schon, daß  ich nervös sei: ich bin es. Und dieses seltsame Geräusch in der toten, fürchterlichen  Stille, die in dem alten Hause zu dieser Nachtstunde herrschte, wirbelte  mich in wilden Schrecken. Noch einige weitere Minuten hielt ich an mich,  stand ganz still. Aber das Klopfen wurde lauter und lauter. Ich dachte, es müsse  das Herz zersprengen. Und nun packte mich eine neue Angst, die Nachbarschaft  würde es ebenfalls hören. Da aber war die Stunde des alten Mannes gekommen!  Mit einem gellenden Schrei riß ich die Blenden der Laterne auf und sprang  ins Zimmer. Er schrie auf – einmal nur! In einem Augenblicke hatte ich ihn  aus dem Bette auf den Boden gerissen und das schwere Bettzeug über ihn gezogen.  Dann lächelte ich vergnügt, daß ich die Tat so weit vollbracht hatte. Aber  das Herz schlug noch ein paar Minuten lang mit dumpfem Ton fort. Doch das  ärgerte mich nicht mehr. Durch die Wand würde man es doch nicht hören. Endlich  stand es still. Der alte Mann war tot. Ich räumte das Bettzeug beiseite und  untersuchte den Körper. Ja, er war tot – tot! Ich legte meine Hand auf das Herz  und ließ sie mehrere Minuten lang liegen. Es klopfte nicht mehr. Er war  bestimmt tot. Sein Auge würde mich nicht mehr quälen.

Wer mich auch jetzt noch für wahnsinnig hält, wird den Gedanken endgültig  aufgeben müssen, wenn ich ihm erzähle, mit welch weiser Vorsicht ich den Körper verbarg.  Die Nacht begann zu schwinden, und ich arbeitete in schweigender Hast.

Zunächst riß ich drei Dielen aus dem Boden des Zimmers und verbarg den Toten  zwischen der Füllung, dann setzte ich dieselben so geschickt, so schlau wieder  ein, daß kein menschliches Auge – nicht einmal das seinige – die geringste  Veränderung hätte wahrnehmen können. Da war ja nichts abzuwaschen –  kein Blutfleck, nicht die kleinste Spur von einem einzigen Tropfen. Dazu war  ich viel, oh, viel zu vorsichtig gewesen.

Als ich diese Arbeit vollendet hatte, war es vier Uhr – und noch so dunkel wie  um Mitternacht. Gerade als die Uhr schlug, wurde an die Haustür gepocht. Ich  öffnete leichten Herzens, denn was hatte ich jetzt noch zu fürchten? Drei Männer  traten ein, die sich als Polizeibeamte vorstellten. Während der Nacht hatte  man in der Nachbarschaft einen Schrei gehört, der den Argwohn erregt hatte,  es sei irgendein Verbrechen verübt worden. Man hatte die Polizei benachrichtigt,  und diese hatte die Beamten abgeschickt, um sofort Untersuchungen vorzunehmen.  Ich lächelte – denn was hatte ich zu fürchten? – und hieß die Herren willkommen.  Den Schrei behauptete ich selbst im Traume ausgestoßen zu haben,  und der alte Herr sei aufs Land gereist. Ich führte die Besucher durch das ganze  Haus und forderte sie auf, nur gut zu suchen. Zum Schlusse führte ich sie in  sein Zimmer und zeigte ihnen, daß sein Geld und seine Wertgegenstände sicher  und wohlverwahrt dalagen. Im Übermaß des Gefühles meiner Sicherheit brachte  ich Stühle in das Zimmer und nötigte sie, hier von ihren Anstrengungen auszuruhen,  während ich in toller Vermessenheit, so vollauf überzeugt, die Tat sei  gelungen, meinen Stuhl gerade auf die Dielen stellte, unter denen der Leichnam  meines Opfers lag. Die Polizisten waren zufriedengestellt. Mein Auftreten  hatte jeden Verdacht zunichte gemacht. Ich war in ausgezeichneter Stimmung.  Während ich heiter auf ihre Fragen antwortete, plauderten sie dazwischen  von gleichgültigen Dingen. Aber es dauerte nicht lange, da fühlte ich,  wie ich erbleichte, und wünschte, sie möchten gehen. Der Kopf tat mir weh,  und es sauste mir in den Ohren; aber sie blieben sitzen und plauderten weiter.  Das Sausen in meinen Ohren schwoll an; es blieb und wurde immer deutlicher.  Ich sprach lebhafter, um das schreckliche Gefühl loszuwerden. Doch es dauerte  fort und wurde immer bestimmter, bis ich deutlich spürte, daß es nicht mehr  in meinen Ohren war.

Jedenfalls war ich jetzt sehr bleich geworden; aber ich sprach schneller und  immer schneller, mit lauterer Stimme darauf los. Allein, auch der Ton wurde  stärker – was sollte ich anfangen? Es war ein leiser, dumpfer, rascher Ton –  wie ihn eine Taschenuhr, die man in Wolle gewickelt hat, hervorbringen mag.  Ich rang nach Atem – doch die Beamten hörten das Geräusch immer noch nicht.  Ich sprach noch schneller, noch heftiger; doch das Geräusch nahm immer noch  zu. Ich stand auf und stritt mit gewaltsam angestrengter Stimme und heftigen  Gebärden über Kleinigkeiten; aber auch das Geräusch wurde noch lauter. Weshalb  gingen sie denn immer noch nicht? Ich eilte mit schweren Schritten auf  und ab, als ob mich die Beamten durch ihr Beobachten bis zur Wut gereizt hätten.  Vergeblich! Das Geräusch schwoll an. Mein Gott! Was konnte ich noch  tun? Ich schäumte vor Wut – ich raste, ich fluchte! Ich ergriff den Stuhl, auf  dem ich gesessen, und scharrte mit ihm auf der Diele umher – das Geräusch  übertönte alles und wuchs und wuchs! Es wurde lauter – lauter – lauter! Und  noch immer plauderten die Männer vergnügt und lächelten dazu. War es möglich,  daß sie es nicht hörten? Allmächtiger Gott! Nein! Nein! Sie hörten es! –  Sie schöpften schon Verdacht! – Sie wußten alles! – Sie trieben nur Spott mit  meinem Entsetzen! Dies dachte ich (und denke es noch). Aber alles andere war  erträglicher als meine Todesangst, war besser als ihr Hohn! Ich konnte ihr heuchlerisches  Lächeln nicht länger ertragen. Ich fühlte, daß ich schreien müsse -  oder sterben! – Und nun – horch – wieder – lauter! lauter!! lauter!!! lauter!!!!  – Schurken!« schrie ich heraus. »Verstellt euch nicht länger! Ich gestehe die  Tat! Reißt die Dielen auf! Hier! Hier! Es ist das grauenhafte Klopfen seines  Herzens!«

 

 

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