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Gustav Schwab - Die schönsten Sagen des klassischen Altertums

HAIMON UND ANTIGONE

Als Kreon seinen Sohn herbeieilen sah, glaubte er nicht anders, als das über seine Braut gefällte Urteil müsse diesen gegen den Vater empört haben. Haimon setzte jedoch seinen verdächtigenden Fragen Worte voll kindlichen Gehorsams entgegen, und erst, nachdem er den Vater von seiner frommen Anhänglichkeit überzeugt hatte, wagte er es, für seine geliebte Braut Fürbitte zu tun. "Du weißt nicht, Vater", sprach er, "was das Volk spricht, was es zu tadeln findet. Dein Auge schreckt jeden Bürgersmann zurück, irgend etwas zu sprechen, das deinem Ohre nicht willkommen ist; mir hingegen wird es möglich, auch derlei Dinge im Dunkel zu hören. Und so laß mich dir denn sagen, daß diese Jungfrau von der ganzen Stadt bejammert, daß ihre Handlung von der ganzen Bürgerschaft als wert des Nachruhms gepriesen wird, daß niemand glaubt, sie, die fromme Schwester, die ihren Bruder nicht von Hunden und Vögeln zerfleischen ließ, habe den Tod als Lohn verdient! Darum, geliebter Vater, gib der Stimme des Volkes nach; tu es den Bäumen gleich, die längs dem angeschwollenen Waldstrome gepflanzt, sich ihm nicht entgegenstemmen, sondern der Gewalt des Wassers nachgeben und unverletzt bleiben, während diejenigen Bäume, die es wagen, Widerstand zu leisten, durch die Wellen von Grund aus entwurzelt werden." "Will der Knabe mich Verstand lehren?" rief Kreon verächtlich aus; "es scheint, er kämpft im Bunde mit dem Weib!" "Ja, wenn du ein Weib bist!" antwortete der Jüngling schnell und lebhaft, "denn nur zu deinem Besten ist dies alles gesagt!" "Ich merke wohl", endete der Vater entrüstet, "blinde Liebe zu der Verbrecherin hält deinen Sinn in Banden; aber lebendig wirst du diese nicht freien. Denn wisse: ferne, wo keine Menschentritte schallen, soll sie bei lebendem Leibe in einem verschlossenen Felsengrabe geborgen werden. Nur wenig Speise wird ihr mitgegeben, so viel, als nötig ist, die Stadt vor der Befleckung zu bewahren, die der Greuel eines unmittelbaren Mordes ihr zuziehen würde. Mag sie dann von dem Gotte der Unterwelt, den sie doch allein ehrt, sich Befreiung erflehen; zu spät wird sie erkennen, daß es klüger ist, den Lebenden zu gehorchen als den Toten." Zornig wandte sich Kreon mit diesen Worten von seinem Sohne ab, und bald waren alle Anstalten getroffen, den gräßlichen Beschluß des Tyrannen zu vollziehen. Öffentlich vor allen Bürgern Thebens wurde Antigone nach dem gewölbten Grabe abgeführt, das ihrer wartete; sie stieg unter Anrufung der Götter und der Geliebten, mit welchen sie vereinigt zu werden hoffte, unerschrocken hinab.

Noch immer lag der verwesende Leichnam des erschlagenen Polyneikes unbegraben da. Die Hunde und Vögel nährten sich von ihm und bedeckten die Stadt, indem sie die Überreste des Toten hin und her trugen. Da erschien der greise Seher Tiresias vor dem Könige Kreon, wie er einst vor Ödipus erschienen war, und verkündete jenem aus dem Vogelfluge und der Opferschau ein Unheil. Schlimmer, übelgesättigter Vögel Gekrächz hatte er vernommen, das Opfertier auf dem Altare, statt hell in Flammen zu verlodern, war unter trübem Rauche verkohlt. "Offenbar zürnen uns die Götter", endete er seinen Bericht, "wegen der Mißhandlung des erschlagenen Königssohnes. Sei darum nicht halsstarrig, Herrscher; weiche dem Entseelten, sieh nicht nach Ermordeten! Welcher Ruhm ist es, Tote noch einmal zu töten? Laß ab davon; in guter Meinung rate ich dir!" Aber Kreon wies, wie damals Ödipus, den Wahrsager mit kränkenden Worten zurück, schalt ihn geldgierig und beschuldigte ihn der Lüge. Da entbrannte das Gemüt des Sehers, und ohne Schonung zog er von den Augen des Königes den Schleier weg, der die Zukunft bedeckte. "Wisse", sprach er, "daß die Sonne nicht untergehen wird, ehe du aus deinem eigenen Blute einen Leichnam für zwei Leichen zum Ersatze bringst. Doppelten Frevel begehst du, indem du den Toten der Unterwelt vorenthältst, der ihr gebührt, und die Lebende, die der Oberwelt angehört, nicht herauflässest zu ihr! Schnell entführe mich, Knabe! Geben wir diesen Mann seinem Unglück preis!" So ging er an der Hand seines Führers, auf seinen Seherstab gestützt, davon.

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